Zurück

Mit dem T2 zu den Pyramiden: Fahrten nach Ägypten und durch die Wüste 1992–1996 Teil II

Zwischen 1992 und 1996 fuhr Volker Riegas mit einem T2 mehrfach nach und durch Ägypten. Im zweiten Teil des Reiseberichts geht es los Richtung Ägypten - durch den damals kriegsschwangeren Balkan.

In Jugoslawien.

 ©Volker Riegas

Den ersten Teil des Reiseberichts könnt Ihr hier nachlesen.

Die Anreise:

Damals brachen die sozialistischen Regimes zusammen. Es war die Zeit der Jugoslawienkriege. Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien waren damals schon im Umbruch begriffen. Die Bürger begehrten auf, ihre sozialistischen Regierungen waren am Ende. Ein Land nach dem anderen wandte sich dem Westen zu, der sie gern aufnahm. Das ging natürlich mit heftigen Turbulenzen einher, die wir spürten.

Ungarn war eins der ersten Länder, das sich öffnete. Die kleinen Grenzstationen waren dem plötzlichem Ansturm nicht gewachsen. An der Grenze bildeten sich stundenlange Warteschlangen, der Grenzübertritt mit kurzer Kontrolle dauerte bis zum späten Abend. Die Weiterfahrt war leicht. Wir fuhren bis zum Campingplatz bei Budapest, der letzte gut ausgestattete auf unserer Reise.

In Jugoslawien wurde es schwierig, die einzelnen Bundesländer erklärten ihre Selbständigkeit. Es war seit einigen Jahren unruhig, stellenweise herrschte Bürgerkrieg. Slowenien, früher eine Provinz, hatte sich aus dem Verbund gelöst und seine Selbständigkeit erklärt. Weitere Provinzen folgten, Jugoslawien löste sich auf. Serbien als das beherrschende und größte Bundesland wollte das nicht einfach hinnehmen. Es hielt an seiner Vorstellung eines möglichst großen Jugoslawien fest. Serbien war für den Transitverkehr noch offen und es lag auf der kürzesten Route in die Türkei. Ich hatte mich deswegen trotz Bedenken zur Durchfahrt entschlossen, am besten schnell und nachts, ganz nach dem Motto "so schlimm wird es wohl nicht werden".

Aber es kam anders. Kurz hinter der Grenze gerieten wir in der Nähe von Osijek in ein militärisches Aufmarschgebiet, wo es zu heftigen militärischen Auseinandersetzungen zwischen Serben und Kroaten gekommen war. Wir wurden von hektisch laufenden und alarmiert wirkenden serbischen Soldaten gestoppt. Sie waren mit Maschinenpistolen bewaffnet, eine enorme Anspannung lag in der Luft. Auf der Gegenspur bewegte sich eine lange Fahrzeugkolonne mit gepanzerten Fahrzeugen, Lastwagen und anderen tarnfarbenen Militärfahrzeugen. Einige zogen Geschütze hinter sich her.

Ich erschrak zutiefst und der Gedanke schoss mir durch den Kopf: "Jetzt ist es ernst, das ist real, echter Krieg, keine Übung. Du steckst mitten drin, kein Entrinnen." Wir waren im Kriegsgebiet, ein starkes Gefühl der Angst und gleichzeitig Ausgeliefertseins an die Krieger kam auf. Glücklicherweise ging die Szenerie nach etwa 20 Minuten Straßensperrung vorüber, eine gefühlte Ewigkeit. Allmählich beruhigte ich mich.

 ©Volker Riegas

Am großen und gut ausgestatteten Rastplatz im serbischen Nis übernachteten wir. Morgens konnte man in dem noch sozialistisch geprägten Restaurant mit seinen übergroßen menschenleeren, tristen Räumen frühstücken. Düster dreinschauende Kellnerinnen und Kellner servierten, was es gerade gab. Eine Serbien-gegen-Europa Stimmung lag in der Luft. An den Tankstellen gab es kaum Benzin, es hatten sich lange Warteschlangen gebildet. Ich kannte das schon von vorherigen Balkanfahrten und hatte für volle Tanks und große Reservekanister gesorgt, die ich so oft wie möglich auffüllte.

Der Grenzübergang nach Bulgarien war zuerst mit langem Warten in der Autoschlange verbunden. Dann Aussteigen und Transitgenehmigung holen, hier ein Stempel, dort ein Stempel und eine nicht gerade geringe Gebühr. Zwei Büchsen kalte Cola, in einen großen, eisgefüllten Sammelkorb hinter die halboffene Tür gelegt, führten zur schnelleren Bearbeitung. Dutzende von Büchsen lagen dort schon. Ich fragte mich, wie die Grenzer die vielen Cola-Büchsen eigentlich leertrinken wollten.

Dann folgten holprige Straßen mit extremen Geschwindigkeitsbegrenzungen und Radarkontrollen. Wer zu schnell fuhr, musste gleich heftige Strafen bezahlen, oder der Führerschein wurde eingezogen. Ein älterer Fahrer hatte es so formuliert: "200 DM zusätzlich ausgeben oder zehn Stunden ganz langsam fahren." Meine Durchquerung ohne Strafzettel nahm folglich einen ganzen Reisetag in Anspruch – eine Geduldsprobe. Schlechte Straßen mit Schlaglöchern, triste Häuser, alles wirkte Grau in Grau, schikanöse Geschwindigkeitsbegrenzungen, rabiate Polizisten. Das Verlassen der Autobahn war streng verboten. Stoppen war nur an Rastplätzen und besonderen Kaufhäusern für Ausländer erlaubt.

Verschneites Köruglu-Gebirge.

 ©Volker Riegas

Die Türkei:

Beim Grenzübergang in die Türkei entstand der Sonderfall Transit, Papiere mussten gestempelt werden. Der Wagen wurde ein- und später wieder an der syrischen Grenze wieder ausgeführt. Die Grenzer waren streng, aber freundlich.

Weiter ging es von Edirne aus nach Istanbul, wo wir uns in der wunderschönen Stadt einige Tage erholten. Hier begann der Orient, ein exotisches Reich. Wir besuchten den Grand Bazar, die Hagia Sophia, Topkapi Palast und die anderen Sehenswürdigkeiten. Es gab nur einen fast verfallenen alten Campingplatz in Istanbul "Ataköy", wir mussten damit Vorlieb nehmen. Es regnete manchmal, uns war kalt.

Das nächste Abenteuer war die Etappe von Istanbul nach Bolu und weiter Richtung Ankara. Das Durchqueren der etwa 2000 Meter hohen Berge des Köruglu-Gebirges war überraschend schwierig. 

Wir waren Ende April losgefahren, um nicht in die ägyptische Sommerhitze zu kommen, ausgerüstet mit Sommerkleidung. In Istanbul war es schon regnerisch und relativ kühl gewesen, aber in den Bergen fiel die Temperatur unter den Gefrierpunkt, und es schneite und schneite. Auf der Straße breitete sich eine geschlossene, streckenweise bis zu 15 Zentimeter hohe Schneedecke aus.

An einer Steigung kam der Verkehr für kurze Zeit zum Erliegen, Lkw-Fahrer zogen hektisch Schneeketten auf. Inzwischen war es draußen stockdunkel, nur im schwachen Scheinwerferlicht sah man etwas. Ich konnte kaum anfahren, die Räder drehten durch. Der VW fuhr erst langsam, dann immer schneller, hinter einem Lkw her. Ich blieb stur in seiner Spur, und es ging ohne anzuhalten bergauf. Dabei überlegte ich, ob wir besser die vorsichtshalber mitgenommenen Schneeketten aufziehen sollten, beschlossen aber, es ohne zu versuchen. Der Bulli war glücklicherweise mit guten "Allweather"-Stollenreifen ausgerüstet und schaffte die steile Fahrt ohne anzuhalten. Mehrere ramponierte Last- und ein Lieferwagen lagen rechts von der Straße weit unten am Abhang. Sie waren kurz zuvor den steilen Abgrund heruntergestürzt und hatten sich dabei überschlagen, was ihre Insassen wohl kaum überlebt hatten. Kleine einfache Rettungswagen des Rothalbmondes mit Blinklichtern waren schon unterwegs.

Am Pass machten wir Rast, im Bulli war es kalt geworden. Wir trugen mehrere Lagen dünne Sommerkleidung und waren in Decken gehüllt, froren aber trotzdem etwas. Die Warmluftheizung des VW war einfach zu schwach. Auch das kleine Restaurant war kaum beheizt, etwa 15 Grad, aber es gab einen großen heißen Tee. Der war willkommen und wärmte. Die Stimmung der Gäste war bedrückt, ihre Gesichter ernst. Nach der Pause konnte es weiter gehen. Glücklicherweise ging es nun bergab – eine Erlösung. Bald war die verschneite Strecke zu Ende.

Wir fuhren noch ein Stück, bis es spürbar wärmer wurde. Endlich fanden wir eine große Tankstelle zum Übernachten. Am nächsten Tag gab es Sonnenschein, hinter uns lagen die frisch verschneiten Berge. Es wurde schnell warm, die Welt war wieder in Ordnung. Dennoch musste ich an die armen Verunglückten denken. Ich beschloss, in Zukunft vorsichtiger zu werden.

Von Ankara aus ging es nach Kappadokien, den berühmten wie Zuckerhüten aussehenden Feenkaminen und Höhlen. Es ist eine wunderschöne, filmreife Traumlandschaft. Es wurde immer wärmer, von nun an schien fast jeden Tag die Sonne. Anschließend ging es über Adana zur syrischen Grenze in Reyhanli. Der arabische Teil der Reise begann.

An der Grenze.

 ©Volker Riegas

Im Orient:

Grenzübergänge in den Orient waren immer ein Abenteuer. Man wusste trotz Vorbereitung durch Bücher kaum, was "auf der anderen Seite" alles auf einen zukommen und was genau passieren würde. Syrien war damals schon berüchtigt, es galt als strenger und rückständiger Polizeistaat. Angeblich durften Unverheiratete nicht zusammen reisen. Trotz allem war es seinerzeit ein äußerlich stabiles Land.

Kurz vor dem Grenzübertritt trafen wir zwei Deutsche, genauer gesagt zwei fröhliche Bayern. Sie waren froh, wieder in der Türkei zu sein und berichteten über Syrien. Wir erhielten Tipps für Anlaufpunkte und Sehenswertes. In dem abgeschotteten, sozialistisch geprägten Land waren sie überraschend gut klargekommen.

Es war üblich und ein willkommenes Ritual, mit anderen Reisenden, speziell Bullifahrern zu plaudern und dabei möglichst viele Informationen auszutauschen. Man sprach Entgegenkommende an einer Tankstelle, Raststätte und abends auf dem Stellplatz einfach an. Schnell entwickelte sich ein lebhaftes Gespräch. Der persönliche Hintergrund der Gesprächspartner, ob Handwerker, wohlhabender Pensionär oder einfacher Student, trat stets in den Hintergrund. Die Herausforderungen und Erlebnisse der Reise zählten, auch wenn die Perspektiven, Ansichten und Meinungen der Gesprächspartner manchmal ganz unterschiedlich waren. Es fand sich auch viel Gemeinsames. Ich selbst plauderte einmal länger mit christlichen Missionaren, was zu Hause undenkbar war. Erfahrungsaustausch funktionierte nicht ausschließlich mit Freunden, Bekannten und Gleichgesonnenen, wie es im Zeitalter des Internets und vor allem der Social Media üblich ist. Unterwegs gab es "soziale Artenvielfalt", etwas zwar Komplizierteres aber auch Wertvolles.

Dank der zwei Bayern waren wir auf Syrien eingestimmt. Der komplizierte Grenzübertritt in das Land war mit vielen Überprüfungen, Kontrolle des Wagens, Befragungen sowie Stempeln und diversen Gebühren verbunden. Alles wurde genauestens protokolliert und registriert, auch Motor- und Fahrgestellnummer. Die Frage, ob wir verheiratet sind, bejahten wir. Sie prüften das glücklicherweise nicht.

Autobahn in Syrien.

 ©Volker Riegas

Wir wussten nicht genau, welche Straßenqualität uns in Syrien und den anderen orientalischen Ländern erwarten würde. Zu meiner Überraschung war der Straßenzustand recht gut, die großen Durchfahrtsstraßen waren breit und gut ausgebaut. Die Qualität des Asphalts war vergleichbar mit der einer älteren deutschen Nebenstraße.

Vom Grenzort ging es nach Aleppo, der zweitgrößten Stadt des Landes. Damals war es ein wunderschöner Ort voller Sehenswürdigkeiten. Wir konnten den Wagen im gartenartigen Hof eines größeren alten Hotels abstellen. Die sehr alte Dusche im Hotel funktionierte kaum noch, manchmal tröpfelte sie nur, das war aber besser als nichts. Das Reisen in Syrien war am Ende weniger kompliziert als erwartet, seine Menschen zurückhaltender als in der Türkei, aber freundlich. Der Wagen hatte ein deutsches Nummernschild, man erkannte uns sofort als Touristen. Die neugierigen Blicke der Menschen richteten sich aufmerksam auf uns.

Aleppo.

 ©Volker Riegas

Mehrere Bauten aus der französischen Kolonialzeit vermittelten in Alt–Aleppo etwas europäisches Flair. Die imposante Zitadelle ist eine der ältesten und größten Befestigungen der Welt. Im archäologischen Museum waren beeindruckende Fundstücke aus der Zeit der frühesten Siedlungen und Städte der Menschheit ausgestellt. Statuen, Skulpturen, Sarkophage, alte Schrifttafeln mit Zeichnungen und Keilschrifttafeln sind Zeugnisse der Entwicklung von Städten und der modernen europäischen Kultur.

In einer alten Karawanserei machten wir Rast. Ein in Stein gemeißeltes großes Kreuz und ein daneben befindliches ebenso großes Halbmond-Relief gemahnten alle Reisenden zur religiösen Toleranz.

Krak des Chevaliers bei Homs.

 ©Volker Riegas

Dann ging es auf einer großen mehrspurigen Transitautobahn weiter in Richtung Jordanien. Unterwegs machten wir einen Abstecher zu einer relativ gut erhaltenen Festung der Kreuzritter, der Krak des Chevaliers, 30 Kilometer von Homs entfernt.

Sie ist erstaunlich gut erhalten, man kann sich das damalige Leben innerhalb der starken Mauern ausmalen. Von der hoch gelegenen Burg aus kann man die malerische Landschaft des Libanon sehen, dessen Grenze damals offen war. Ein paar Kilometer fuhren wir über libanesische Straßen und dann zurück nach Syrien.

Petra.

 ©Volker Riegas

An einer Tankstelle südlich von Aleppo gab es eine Rast und eine Einladung zum Teetrinken. Zwei Frauen holten meine Freundin ab und gingen in den Wohnraum. Männer und Frauen saßen strikt getrennt. Ich wurde nach meiner Reiseroute befragt und musste auf Französisch oder mit englischen Worten berichten. Wir saßen draußen in der Sonne. Anscheinend wussten sie fast nichts über die Welt außerhalb von Syrien. Ich fragte sie nach möglichen Gefahren. Ein großer, kräftiger Reisebusfahrer grinste und erklärte, wie sicher es doch in Syrien sei. Er öffnete kurz seinen Kaftan, eine große Pistole mit Ersatzmunition steckte in einem Lederhalfter. Ich erschrak, die Männer lachten laut.

In Damaskus, der Hauptstadt Syriens, besichtigten wir die berühmte Umayyaden-Moschee und den alten Bazar. Die ursprünglich byzantinische, im Basilika-Stil gebaute Moschee, erinnerte an sehr alte europäische Kirchengebäude und wirkte deswegen etwas vertraut. Sie beherbergte einen Schrein mit dem Grab von Johannes dem Täufer, arabisch Yahya. Ich fragte einen betenden Mann, wo der berühmte Schrein sei. Er zeigte auf das Grab, betonte mehrmals "Yahya". Dann küsste er einen seitlichen Stein. Dabei versank er in ein tiefes Gebet, sein Gesicht entspannte sich. Es wurde ganz friedlich. Zum ersten Mal sah ich, wie ein Moslem einen auch im Christentum bekannten Heiligen verehrte. Es gab offensichtlich wichtige Gemeinsamkeiten. Das gab mir zu denken.

Bei Ramtha reisten wir in Jordanien ein. Jordanien war ein relativ offenes, westlich orientiertes Land, deutlich anders als das sozialistisch geprägte Syrien. Krasse Gegensätze zwischen sehr armen und sehr reichen Menschen fielen ins Auge. Alles war deutlich teurer als in Syrien. Augenscheinlich gab es auch eine breitere Mittelschicht. Bei einem Hotel durften wir übernachten und konnten essen sowie duschen. Campingplätze haben wir in Jordanien nicht finden können.

Wir verließen am nächsten Tag die große Autobahn und fuhren ein Stück auf kleinen Straßen durch märchenhaft schöne Gebirgslandschaften nach Petra und dann weiter zum Wadi Rum. Petra ist eine enge Schlucht umgeben von hohen Steinwänden, in die Felswand wurden Paläste und große Gebäude mit imposanten großen Fassaden und Innenräumen gemeißelt. Etwas weiter kamen entlang des Weges in den Stein gehauene Felswohnungen. Hier lebten die Nabatäer, ein reiches Handelsvolk. Das alles sah wie in einem Märchen aus und diente öfter als Filmkulisse.


Landschaft in Jordanien.

 ©Volker Riegas

Das Wadi Rum, eine Fels- und Sandwüste, ist nicht weniger spektakulär. Wadis führen gelegentlich Wasser, sind aber meistens trocken. Unten im Wadi Rum ist eine große glatte Sandfläche, umgeben von steilen rötlichen Bergen. Der Anblick blieb mir in Erinnerung. Hier übernachteten wir neben einem Restaurant, der Sonnenuntergang tauchte alles in gleißend rotes Licht. Es war inzwischen Mai geworden, die Tagestemperaturen lagen inzwischen um die 25 bis 30 Grad.

Zeitweise verlief unsere Straße entlang des Jordan-Flusses. Ich war überrascht, dass von dem Fluss nur ein etwas größerer Bach übrig geblieben war. Das war nicht der berühmte große Fluss, den ich erwartet hatte. Er führte kaum noch Wasser, es wurde im Oberlauf fast vollständig für landwirtschaftliche Bewässerung entnommen. Der Jordan schlängelte sich malerisch durch die Landschaft.

Neugierige Kinder.

 ©Volker Riegas

Die Strecke ging weiter südlich bis zur Hafenstadt Aqaba. Auf der Gegenspur reihten sich voll beladene Lkw an Lkw, die meisten auf dem Weg von Aqaba zur irakischen Grenze. Dem Vernehmen nach lief damals ein Großteil der Versorgung des Irak über Jordanien.

Jordanien hat bei Aqaba keine Grenze mit Ägypten, denn ein etwa zehn Kilometer schmaler israelischer Streifen liegt zwischen den beiden Ländern. Israel musste damals noch umfahren werden, es gab keinen Grenzübergang. In Aqaba konnten wir nur am Strand stehen. Einfachste, sich selbst überlassene und heruntergekommene Duschen und Toiletten umgaben uns. Wenige Menschen badeten, die Frauen und älteren Mädchen in voller Kleidung.

Der Golf von Aqaba ist ein besonderer Ort, hier treffen vier Länder zusammen: Ägypten, Israel, Jordanien und Saudi-Arabien. Wir hatten nach langer Reise den Ort erreicht, an dem Lawrence von Arabien berühmt wurde.

Das Fährticket nach Nuweiba in Ägypten musste in Aqaba umständlich gekauft werden. Ein spezielles Reisebüro war zuständig, bezahlt werden musste mit besonderen "jordanischen" Dollar. Das waren US-Dollarscheine mit einem jordanischen Stempel, die ihrerseits nur in einer besonderen Wechselstube zu Sonderbedingungen eingetauscht werden konnten. Was für ein Umstand.

Eine alte, augenscheinlich überfüllte Fähre verkehrte auf der kurzen Strecke zwischen Aqaba und Nuweiba in Ägypten. Ich schaute mich auf dem Schiff um. Die Passagiere saßen auf dem Deck, aßen und tranken Tee, den sie mit kleinen Benzin- und Gaskochern an Deck frisch zubereiteten. Die Teerunde war trotz der augenscheinlichen Armut gelassen - heiter.

Ich fragte, ob ich auf die Brücke betreten dürfe. Der Kapitän erlaubte den Zutritt. Er sprach ein gutes Deutsch, und freute sich anscheinend, einen Gesprächspartner zu haben. Er war Ägypter, hatte früher in Rostock gelebt und führte ein professionelles und strenges Kommando. Ich erinnere mich an seinen Satz: "Armut ist keine Schande."

Straße auf der Halbinsel Sinai.

 ©Volker Riegas

Im ägyptischen Hafen angekommen, wurde es kompliziert. Der Bulli musste für ägyptische Straßen neu zugelassen werden. Er bekam große Nummernschilder mit arabischer Beschriftung, was Sinn machte. Die deutschen Schilder konnten vermutlich nur wenige Polizisten richtig lesen. Auch neue Papiere gehörten dazu, eine eigene ägyptische Haftpflichtversicherung musste vorher abgeschlossen werden.

Die hohen Passage-Gebühren für den Bulli waren, wie fast alles im Orient, eine Verhandlungssache. Bei glaubwürdig vorgetragener Begrenztheit der Reisekasse und freundlichem Interesse am Land gab es im persönlichen Gespräch beim Chef einen großen Rabatt. Endlich ging es weiter.

Ägypten war sozialistisch geprägt, eine aufwendige und schwerfällige Bürokratie verschlang Ressourcen, aber sie funktionierte und gab soziale Stabilität. Die Beamten waren korrekt und nicht freundlich. Aber sie waren auch nicht schikanös.

Im Ratgeberbuch waren alle Campingplätze und Abstellmöglichkeiten für Bullis genau beschrieben. Vor Ort konnte man sich auf Englisch zu den angegebenen Standplätzen durchfragen. Meistens waren es Hotels oder größere Raststätten. Das ging zumeist ganz gut. Es fand sich irgendwie ein freundlicher Ägypter, der Englisch sprach und gern weiterhalf. Kinder waren besonders neugierig, sie näherten sich dem geparkten Bulli, inspizierten den Innenraum und fragten nach Süßigkeiten.

Einkäufe gingen am besten auf den Märkten, inmitten eines bunten, lauten Treibens. Für 50 Pfennig gab es reichlich frisches Gemüse und Kartoffeln. Ein gegrilltes Huhn direkt von der Stange, "poulet roti" genannt, gab es für umgerechnet 3 DM.

Größte Vorsicht war geboten bei Kontakt mit Wasser. Wir haben buchstäblich jeden Liter Wasser mit Silberionen-Zusätzen aufbereitet. Auf Essen in Restaurants, auch wenn es noch so verlockend aussah, verzichteten wir.

An einigen Orten in der Wüste war Malariaschutz erforderlich. Dank Netzen, Räucherspiralen und anderer Vorsichtsmaßnahmen, jeweils penibel durchgeführt, ist nichts passiert.

In Nuweiba, dem ersten größeren Ort in Ägypten, gab es einen gut ausgestatteten Campingplatz mit Palmen und etwas Rasen. Hier erholten wir uns einige Tage. Dann ging es durch das spektakuläre Sinai-Gebirge weiter. Wir besichtigten den Katharinenberg, englisch Mount Moses, wo der Legende nach der biblische Moses von Gott persönlich eine Tafel mit den Zehn Geboten erhielt. Heute ist das nahe gelegene Katharinenkloster ein beliebter Touristenplatz.


Campingplatz in Kairo.

 ©Volker Riegas

Der nächste Stopp war am Suezkanal. Er ist inmitten der Wüste und etwas vertieft gelegen. Bei Annäherung sieht man zuerst die Aufbauten großer Schiffe, welche die Wüste durchqueren. Ein rätselhaftes Bild. An einer extrem gesicherten Stelle konnte man den Kanal durch einen einfachen Tunnel unterqueren. Er wurde streng bewacht, und seine Benutzung war nur tagsüber gestattet.

Von da aus war es nicht mehr weit bis Kairo. Nach insgesamt ziemlich genau 5000 Kilometern Fahrstrecke, zumeist auf überraschend guten Straßen, erreichten wir Kairo. Auf einem einfach ausgestatteten Campingplatz in der Nähe von Gizeh blieben wir ein paar Tage. Zuvor mussten wir, mit einer einfachen Karte ausgestattet und mithilfe des Kompasses die Stadt durchqueren, nach dem Motto "auf großen Straßen bleiben und Richtung Süd - Südwest". Nur etwa eine Handvoll Camper waren auf dem Platz.

Wir trafen zwei junge deutsche Motorradfahrer, die auf ihren schweren BMW-Motorrädern nach Kapstadt weiterfahren wollten. Ein mutiges Unterfangen, die Reise ihres Lebens. Es gab bei den Verwaltern des Platzes kaltes "Stella"-Bier zu kaufen. Der Ort bot ein besonderes Highlight. Abends konnte man von einem kleinen Aussichtsturm auf dem Campingplatz bei Sonnenuntergang im rötlichen Licht die Pyramiden von Gizeh sehen. Ein gefühltes Stück Ewigkeit.

Damit endet Teil zwei des Reiseberichts. Den dritten und abschließenden Teil lest Ihr demnächst auf VW-Bulli.de

von Gerhard Mauerer