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Im Land der Beeren und der Pritschen

Er reist mit seinem 89er-T3 gerne in den Norden. Auf einer seiner letzten Touren hat er 62 alte Dokas im mittelschwedischen Dorf Los entdeckt. Was es damit auf sich hat und warum er Land und Leute so liebt, erzählte uns der Wahl-Allgäuer Martin Orendi.

Noch schöner als im Prospekt: Bulli-Leben am See

 ©Orendi

Martin ist seit 25 Jahren „stolzer Besitzer eines T3, Baujahr 1989, der inzwischen 410 000 Kilometer abgespult hat. Ursprünglich war es ein neunsitziger Caravelle. Martin Orendi, in Kronstadt/ Siebenbürgen geboren, kam 1983 als Spätaussiedler ins Allgäu. Da konnte er sich den Traum vom VW-Bus schon 1984, durch den Erwerb eines T2, erfüllen. 1988 kam die zweite Tochter auf die Welt und damit der Umstieg auf einen T3 Joker. Der gelernte Vermessungstechniker und leidenschaftliche Handwerker baute 1993 die Westfalia-Einrichtung incl. des Hochdaches seines Jokers in einen 9-Sitzer Caravelle TD ein. Seine Touren führten ihn nach Irland, Schottland, Island und in alle skandinavischen Länder. 2013 rüstete er den Bus mit einer Webasto-Standheizung auf und 2015 baute er eine EZ Electric Power Steering Servolenkung ein. In diesem Jahr gönnte er sich auch noch eine Markise.

Der heute 65 Jahre alte Bullifan ist seit sechs Jahren verwitwet. Mit 60 Jahren ging er in die passive Phase der Altersteilzeit. Und die hat er aktiv genossen: „Seither war ich jedes Jahr jeweils zwei Monate on tour. 2013 in Island, 2014 den Küstvägen in Norwegen, inclusive Lofoten (zum dritten Mal) 2015 große Baltikum Runde. Über Polen nach Litauen, Lettland, Estland, mit der Fähre von Tallin nach Helsinki und über die Aland Inseln nach Schweden.“ 2016 und 2017 war er wieder in Schweden und verknüpfte die Besuche bei seiner Tochter, die mit drei Enkelkindern nördlich von Stockholm lebt, mit Reisen u.a. zu dem Vildmarksvägen, dem letzte Wildnis-Roadtrip Europas und dem nördlichen Lappland.

Tanzende Nordlichter

 ©Orendi

Er schwärmt von wunderschönen Paddeltouren auf unberührten Flüssen und Seen, von Wanderungen mit überraschenden Begegnungen, Elche, Rentiere ja sogar Bären, von der unendlichen Weite und der absoluten Ruhe die man nur dort oben erfahren kann und von dem überwältigenden Glück, vier Stunden lang die Polarlichter tanzen zu sehen.

Auf dem Rückweg kam er in Los vorbei. „Bei der Einfahrt dachte ich noch, in Los sei nichts los. Aber dann stoppte ich bei einer Werkstatt und staunte nicht schlecht. Sage und schreibe 62 T3-Bullis, überwiegend Dokas standen in dem Hof. Bei der kurzen Unterhaltung mit dem Betreiber (einem Russen aus Lettland) erfuhr ich, dass die Bullis die besten Autos für die Beerensammler sind.“ Die reisen inzwischen sogar aus Thailand an. Vier bis fünf Pflücker fahren in die Wälder und ins Moor und sammeln pro Tour eine Tonne Heidel- oder Preiselbeeren. Weder Last noch Landschaft noch die unendlichen, ungeteerten Straßen sind ein Problem für die Volkswagen- Transporter.

Los (früher Loos) ist ein Teilort der schwedischen Gemeinde Liusdal in der Provinz Gävleborgs län. Mitte des 18. Jahrhunderts hat der Chemiker Axel Frederic Cronstedt das Element Nickel entdeckt, - hier lagerte das Erz und war lange Zeit nicht beachtet worden, weil man in der Erzgrube seit 1735 nach Bismut und Cobalt schürfte.

 

Die Doppelkabinen-Transporter im schwedischen Los

 ©Orendi

Das kleine Dorf hat heute rund 350 Einwohner. Neben Touristen kommen in den Sommer- und Herbstmonaten vor allem Wanderarbeiter in diese wald- und moorreiche Gegend. Nach dem schwedischen Jedermannsrecht dürfen alle Bürger Beeren pflücken, soweit sie nicht auf Privatgrund wachsen. Wie in Norwegen und Finnland gibt es auch im Wallander-Land rund ein Dutzend Beerensorten, verwertet werden vor allem aber Heidelbeeren, Preiselbeeren und Moltebeeren. Da es zu wenige einheimische Pflücker gibt, hat sich quasi eine Pflücker-Industrie entwickelt. Ähnlich wie unsere meist aus Polen oder Rumänien kommenden Spargelstecher, ziehen Menschen vieler Länder, die dort kaum Geld verdienen können, für einige Monate nach Skandinavien.

Nach einem älteren Bericht im Handelsblatt werden sie oft ausgebeutet und müssen zu niedrigsten Löhnen arbeiten. Ihre Früchte werden oft nach Fernost verkauft. Anderen Berichten zufolge haben sich die Bedingungen gebessert. Weitere Informationen und schöne Bilder der unterschiedlichsten Beerenarten fanden wir auf dem lesenswerten Blog von „Rike“ (https://www.schwedenundso.de/2016/08/24/blaubeeren-in-schweden/).

Über den Link unter diesem Beitrag geht es zur Bildergalerie.

von Ernst Bauer

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