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Die Bulli-Bar

Im Sommer 2002 nehmen sich Katrin Langer und Werner Hegele eine berufliche Auszeit und gehen ein Jahr lang auf Weltreise. In Thailand stoßen sie schließlich auf ihre neue Geschäftsidee: eine Cocktailbar im T1 Bulli.

 ©Hegele & Langer GbR

Unser Brötchengeber ist pleite, unser Job von einem auf den anderen Tag dahin. Schnell ist für uns klar: Jetzt erst einmal raus aus Pflichten, Zwängen und einengenden Zeitplänen. Frei sein und sich die Zeit so gestalten, wie es uns passt. Zwei Around-The-World-Flugtickets und 365 Tage ohne Arbeit liegen vor uns.

Los geht's in Südafrika. Ausgedehnte und abenteuerliche Reisen per Bus, Zug, Sammeltaxi oder auf den stets überfüllten Ladeflächen klappernder Pick-ups führen uns kreuz und quer in die hintersten Ecken Zimbabwes, Sambias und Malawis.

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Mehrmonatige Aufenthalte in Indien, Australien und Neuseeland folgen. Auf der Suche nach einer neuen Verdienstmöglichkeit sind wir eigentlich nicht, spielen aber dennoch die eine oder andere Idee gedanklich durch, die uns unterwegs begegnet.

Das letzte Vierteljahr unserer Weltreise reservieren wir uns für Thailand und seine Nachbarländer. Schnell haben wir Bangkok, Thailands Millionen-Metropole, liebgewonnen. Der Verkehrsknotenpunkt Südostasiens dient uns stets als Auftankstation nach anstrengenden Reisen durch Kambodscha, Laos und Thailands Hinterland.

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Bei einem flüchtigen Aufenthalt hinterlässt der Moloch vielleicht nicht immer einen angenehmen Eindruck, doch für uns ist es stets wie ein nach Hause kommen. Wir nehmen uns Zeit. Zeit zum Essen, Zeit zum Staunen, Zeit zum Entdecken. Und wir haben Lust und auch die entsprechende Neugierde, uns auf diese vom alltäglichen Verkehrskollaps und Smog geplagte, stressige, aber auch spirituelle Stadt einzulassen.

Und da ist sie - die Geschäftsidee! In einer Nebenstraße steht ein schnuckeliger alter VW-Bus, umgestaltet zu einer Bar. Gute Musik, prima Stimmung und eine tolle Atmosphäre. Wir sind auf Anhieb vollauf begeistert!

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Zurück in Deutschland sind wir voller Tatendrang, auch wenn viele Freunde und Bekannte unsere Zukunftspläne nur milde belächeln. Aber wir finden auch Befürworter unserer Vision, die immer konkreter wird und so fügt sich ein Mosaiksteinchen zum anderen.

"FahrBar" - der Name unserer zukünftigen mobilen Bar ist schnell gefunden. Die Suche nach dem geeigneten Gefährt ist da schon schwieriger. Ein alter T1 Bulli, ein echter Hingucker, soll es sein. Fündig werden wir schließlich im Internet-Auktionshaus eBay.

Früher hätten wir sicher die Finger davon gelassen. Wir sind beide alles andere als Kfz-Spezialisten. Doch Bangemachen zählt nicht und so ersteigern wir kurzum das grünweiße Schmuckstück für 6.100 Euro.

 

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Schon die Überführung von Tabartz im Thüringer Wald nach Nürnberg wird bei Schneegestöber zur ersten großen Herausforderung. Natürlich ist die Heizung defekt. Eingemummelt in Decken, Handschuhe, Mützen und Winterjacken versuchen wir gegen die sibirische Kälte im Bus anzukämpfen. 

Als sich langsam die Dunkelheit einstellt, bemerken wir, dass auch die Beleuchtung immer wieder ausfällt. Auf der Autobahn kommen wir so nicht weiter. Wir weichen auf weniger befahrene Nebenstraßen der Fränkischen Schweiz aus. Dass die Bremsen nur teilweise funktionieren, erfahren wir erst im Nachhinein. 

Fix und fertig, aber auch stolz auf uns und unseren Bulli kommen wir in finsterer Nacht zu Hause an. Bereits diese schrecklich kalte und abenteuerliche Fahrt schweißt uns drei zu einem Dream-Team zusammen.

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Allen anfänglichen Befürchtungen zum Trotz erweist sich unser Bulli schon bald als echtes Schnäppchen. Bremsen, Elektrik und Reifen sind schnell instandgesetzt und schon saust er mit Segnung des TÜV auf Frankens Straßen umher. Der Umbau vom Campingbus zur mobilen Bar kann beginnen.

Nebenher entsteht ein Businessplan, der das Unternehmen auf Jahre hinaus auf gesunde Beine stellen soll. Uns kann es nicht schnell genug gehen, doch leider wird unser Elan immer wieder von außen gebremst: Ordnungsamt, Gewerbeabteilung, Gesundheitsamt, Industrie- und Handelskammer.

Die Behördengänge scheinen endlos. Benötigen wir nun einen "normalen" Gewerbeschein oder eine Reisegewerbekarte oder gar beides, erst den Nachweis der Teilnahme an der "Unterrichtung für den Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft" oder später oder überhaupt nicht?

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Wie sieht es mit einem Gesundheitszeugnis aus? Toiletten? Handwaschbecken? Standplatz? Alkoholausschank? Jeder Amtsbesuch wirft neue Fragen auf, die selbstverständlich nicht hier und jetzt, sondern nur von einer anderen zuständigen Stelle beantwortet und entschieden werden können.

Oft fragen wir uns: Wozu das Ganze, der Ärger, die Bürokratie und die sinnlosen Kosten? Doch wir lassen uns nicht unterkriegen, krempeln unsere ungewöhnliche Idee ein ums andere Mal um und setzen dem oft verständnislosen Kopfschütteln noch mehr Engagement entgegen.

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nd siehe da: Drei Jahre später ist unser Bulli eine trendy Cocktailbar. Die "FahrBar" mixt ihre leckeren Drinks bei Firmenevents, PR-Veranstaltungen, Open-Air-Festivals, Hochzeiten und vielen anderen Festivitäten. Bisher sind wir überwiegend im süddeutschen Raum auf Tour, doch auch hier gibt es für uns keine Grenzen. Gerade das Unterwegssein und der Kontakt zu vielen unterschiedlichen Menschen ist es, was uns weiter antreibt.

So bleibt das schöne Gefühl, dass wir es geschafft haben und unsere Idee immer mehr Anhänger findet. Selbst Nachahmer, die unser Konzept nahezu eins zu eins kopieren, versuchen uns nun Konkurrenz zu machen. Wenn das kein Erfolg ist!

Werner Hegele, Katrin Langer