Zurück

Internationales Bullitreffen 2007 in Hannover

Mehr als 3.500 Modelle aller Generationen feierten ein ganzes Wochenende in Hannover den 60. Geburtstag der Idee - ein munteres Stelldichein quer durch alle Baujahre, eine weltweit einmalige Veranstaltung.

Das Rezept ist eigentlich ganz einfach: Man nehme gut 5000 VW Busse ("Bullis") aus 21 Ländern, insgesamt 71.000 Besucher, eine coole Rockband aus der Flower-Power-Zeit und schon hat man eine richtig gute dreitägige Party. Felix Bauer hat die Highlights des Internationalen VW-Bus-Treffens zusammengefasst.

Dass das von Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) am Wochenende in Hannover servierte Traditions-Menü bei den Bulli-verrückten Gästen aus aller Welt so gut ankam, war nicht unbedingt vorauszusehen. Viele hatten Bedenken, dass die Organisatoren der Masse nicht Herr werden würden oder dass es zu einem sanitären Chaos kommen könnte. Doch die Angst vor einer Pleite war umsonst. Drei Tage strahlte die Sonne und Kommentare wie "der absolute Wahnsinn" (Christoph Boltze, Fürth) oder "das schlägt alles, was ich bisher erlebt habe" (Alfred Smeets, Krefeld), kommen von jedem, den man fragt.

Die größte Bulli-Party Deutschlands begann eigentlich schon am Freitag vormittag, als der Norddeutsche Rundfunk zwischen Fulda und Kassel keinen zähflüssigen Verkehr, sondern sogar wörtlich einen "VW-Bus-Stau" aus Süden in Richtung Hannover meldete. Viele Teilnehmer waren in ihren Modellen T1, T2, T3, T4 oder T5 in wahren Konvois angereist. Fast jeder Bulli-Club in Deutschland hatte seine eigene Anfahrt organisiert. Auf privaten Webseiten wie www.vw-bulli.de oder www.t4-Forum.de waren schon Wochen im Voraus Zeiten und Routen angegeben worden. Allein aus Norddeutschland fuhren in einem Einzelkonvoi über 90 VW-Busse hintereinander auf der rechten Spur stur Tempo 80.

Während sich die Bulli-Schlangen in einer Art Sternfahrt über diverse Autobahnen zum VW-Produktionsstandort Hannover quälten, startete in Hannover der offizielle Auftakt mit einem Konvoi von 150 historischen und jüngeren besonders ausgewählten Fahrzeugen. Die gut 1,5 Kilometer lange Parade bunter Bullis legte unter Polizeibegleitung vorübergehend den Verkehr in der kompletten Stadt lahm. Blitzampeln waren abgeschaltet oder verhängt, damit keiner erschrocken auf die Bremse trat, wenn rote Ampeln überfahren wurden. Am Straßenrand säumten auf der ganzen Strecke vom VWN-Werk zum Messegelände über Kilometer hinweg begeisterte Fans die Straße und winkten ihren Lieblingen und deren Fahrern zu.

Am Samstag drehte Volkswagen den Partyregler dann vollends auf. Die dralle TV-Moderatorin Barbara Schöneberger führte über 40.000 Besucher durch ein straffes Programm mit Wettbewerben für den schönsten, den ältesten, den originalsten und den am besten aufgemotzten Bulli - einen ultralangen T1-Bus. Sein Besitzer Bob aus Belgien hat den "Pimp my Bulli"-Sieger aus mehreren Fahrzeugen in "tausenden von Stunden" zum "Stretch-Bulli" umgebaut. Er fährt mit seiner Familie zu nahezu jeder größeren Bulli-Party. 

In den Programmpausen machten sich die Besucher über die mehr als 100 Ausstellungsfahrzeuge her. "Hier sieht man Fahrzeuge, die bekommt man sonst nie zu Gesicht", erklärt John Palmer, der sich in der Bulli-Szene Englands recht gut auskennt. "Zwar ist das traditonelle Vanfest in Malvern (zwischen Birmingham und Bristol) das größte Meeting der Welt. Aber diese seltenen Fahrzeuge, die man hier bestaunen kann, findet man dort nicht", sagt er.

Abends spielten zunächst Schlagersänger Sasha und die Hannoveraner Band Sweety Glitter and the Sweethearts auf, bevor die britische Kultformation The Who mit Songs wie "My Generation" und "Magic Bus" den Festplatz auf dem Messegelände rockte. Alle im Voraus registrierten und im Bulli angereisten 20.000 Besucher konnten das Konzert direkt vor der Bühne verfolgen. Für die rund 24.000 Tagesgäste hatte VWN mehrere Großleinwände aufgestellt. 

Und die "alten Herren" ließen es gewaltig krachen: Gitarrist Pete Townshend und Sänger Roger Daltrey spielten mit einer Frische und Spielfreude auf, als wären seit ihrer Bandgründung nicht volle vier Dekaden, sondern allenfalls vier Jahre vergangen. Songs wie "Who Are You?", "Behind Blue Eyes", The Kids Are Alright", "Going Mobile" und "My Generation" rissen die Zuschauer mit. Und als dann zu Schwarz-Weiß-Bildern alter Volkswagen-Busse der Über-Song "Magic Bus" aus den Boxen dröhnte, war allgemeine Glückseligkeit angesagt. Das sah man auch Mastermind Peter Townshend an, der nach eigenen Angaben einen T2 aus brasilianischer Produktion fährt.

Kein Wunder, dass viele der Teilnehmer aus einem Dutzend Ländern am Sonntag etwas müde und geschafft aus der Wäscher gucken, aber trotzdem begeistert sind. Der Brite Richard Burrows aus Essex hat sich für das Treffen extra eine Woche frei genommen. Er fährt einen T1 aus dem Jahr 1951. Der ob seiner geteilten Frontscheibe oft "Schädelspalter" genannte Wagen war ursprünglich ein Feuerwehrauto aus Dresden, das vor allem zum Materialtransport eingesetzt wurde. Der Familienvater ist dieses Jahr bereits das vierte Mal auf einem VW-Bus-Treffen und hat den zweiten Preis in der Kategorie "ältestes Fahrzeug" gewonnen. Ihm hat es besonders der kostenlose Brötchen-Service - Bäckereiprodukte und eine Zeitung hingen in einer Papp-Tüte morgens am Bus - angetan.

Ingesamt verteilte VW 44.500 Brötchentüten an die 11.500 Camper, die in 3724 Fahrzeugen auf dem Festgelände übernachteten. 2500 Busse waren aus dem Ausland angereist. Die größte ausländische Gruppe waren rund 200 niederländische Bus-Teams. In drei Tagen wurden 6000 Currywürste, eine Tonne Pommes und 100 Fass Bier verzehrt. Darin nicht eingerechnet sind die Fressalien und Getränke, die auf den zahlreichen privaten Grillparties auf dem Parkplatz ihrer Bestimmung zugeführt wurden. 

Neben den getunten und optisch aufgemotzten Bussen sorgten auch echte Hingucker für Furore. Dazu gehört auch das "Beachmobil" von Jürgen Helms Team. Der VW Bus, verkleidet mit Bambusmatten und bestückt mit Barhockern und Rundum-Bar, fuhr die ganze Nacht um das Gelände und versorgte die Durstenden. "Wir haben hier bis fünf Uhr in der Früh ausgeschenkt und damit viel für die Völkerfreundschaft getan", erklärt Helms. Dabei seien die Preise in "Norddeutschlands südlichster Strandbar" (Helms) völlig frei wählbar gewesen: "Jeder durfte geben, was er will."

Aber auch der "Laub-Bulli" von Ruben Thormählen scharte viele Zuschauer um sich. Was von weiten aussieht wie ein mit Efeu bewachsener Hügel, entpuppt sich beim Näherkommen als dunkelgrüner T3 mit Tarnset. Thormählen (24) aus Frankfurt am Main sitzt mit Freundin und Kumpeln vor seinem hervorragend getarnten Bulli und genießt die überraschten Gesichter und Kommentare der Passanten. Den früheren Bundeswehrbus, von seinem Besitzer als "Traktor Edelrost Stahlfrei" tituliert, will er nicht mehr abgeben. "Alles was mir fehlt, ist ein kräftigerer Motor", sagt er. 57 PS sind ihm auf die Dauer zu wenig.

Bulli-Künstler "Frät" (www.fraet.de) hat sich für das Treffen eigens einen T5 mit Camping-Ausstattung organisiert. An seinem Stand zeigt er in Öl gemalte historische Bullis im Cartoon-Stil. "Die Leute hier sind super drauf, so schöne Motive gibt es live kaum zu sehen", erklärt der Oldtimer-Liebhaber. 

Ebenfalls "hin und weg" von der Veranstaltung ist Rolf Stahl. Der in Sindelfingen geborene Bulli-Enthusiast hat einen selbstgebauten Allrad-T5-Pick-up mitgebracht, der Motorräder, Quads und sogar eine Pferdekutsche transportieren kann. Der Umbau dauerte fünf Monate. Der VW-Bus-Festival-erfahrene Schwabe hält die Hannoveraner Veranstaltung "für das Beste, was es an Treffen gibt". 

So wird auch klar, warum die Antwort auf eine Umfrage des Magazins "Stern" anlässlich des Internationalen VW-Bus-Treffens so deutlich ausfällt. "Können Sie den Bulli-Kult verstehen?" wurde gefragt und 96 Prozent stimmten mit "Ja". 

Die gute Feststimmung hat auch VWN-Chef Stephan Schaller überzeugt. "Wir sind total begeistert", sagt der Manager, der früher selbst schon in einem T2 durch viele Länder kurvte. Das Fest wird wohl zur festen Einrichtung bei VWN werden. Zwar ist noch unklar wann, eine zweite Bulli-Party aber ist laut Schaller bereits "Teil unseres Marketing-Budgets".

Felix Ernst Bauer