Bulli-Traum in Asien und Amerika
Herbert Hauernherm aus Gütersloh reiste in einem selbst umgebauten T2 1975 bis nach Nepal. Ein Jahr später lernte er Evelyn Kristina Willim kennen - und gemeinsam waren sie zwei Jahre lang auf ihrer "Traumstraße" von Argentinien bis Alaska unterwegs.
Alles beginnt als Traum, und damals, 1975, hatten wir noch Träume. Internet und Google waren noch nicht geboren, man wollte noch selber einen Teil von der Welt erleben. Bei mir, damals 33 Jahre alt, entstand der Plan einer Reise in den ferneren Osten.
Indien, Nepal, Afghanistan sollten die Ziele sein, den Himalaja wollte ich sehen. Bei dem üblichen schmalen Geldbeutel gab’s nicht so viele Möglichkeiten der Verwirklichung. Also arbeiten, sparen, einen Bulli möglichst preisgünstig kaufen, selber ausbauen – und losfahren. Am Anfang stand der Erwerb eines ausgedienten Kundendienstfahrzeuges, eines VW-Hochraumbullis.
Freunde halfen beim Um- und Einbau, und es entstand eine Miniwohnung. Zwei schmale Betten, eine kleine Spüle und ein Gaskocher – das war’s.
Ich startete im März 1975 alleine. Mein Bulli sollte mich jetzt lange begleiten. Vier Monate und 31.000 km durch Asien und später, 1977 noch einmal etwa 100.000 Kilometer, fast zwei Jahre lang, auf der "Traumstraße der Welt" von Feuerland nach Alaska. Dann aber mit einer Reisepartnerin, die ich recht spektakulär 1976 kennenlernte.
Das Asien, das ich erleben durfte, gibt es heute in der Form nicht mehr. Gerne denke ich an Afghanistan zurück, an die hängenden Seen von Band-e-Amir, den Khayber-Pass, das Taj Mahal in Indien und die Campingtage am Pokhara-See in Nepal, mit Blick auf die beeindruckenden Berge des Himalaja. Der Bulli hat die teilweise recht haarigen Pisten gemeistert.
Ich glaube, der Bulli war mit schuld, dass ich meine Reisepartnerin Evelyn kennenlernte. Aber das erzählt sie selber:
Alles beginnt erstmal als Traum, und ich, Evelyn, 1976 gerade 26 Jahre alt, wollte von Bielefeld nach Südamerika. Und nach Mexiko und nach Alaska und alles sehen, was dazwischen liegt. Die "Traumstraße der Welt" sollte das Ziel sein.
Europa hatte ich kreuz und quer im Fiat 500 bereist, jetzt wäre so ein Bulli genau das richtige Fahrzeug für die geplante Tour. Ich hatte zwar gespart für eine etwa zweijährige spartanische Reise, aber so ein Fahrzeug war mir doch zu teuer. Aber es reichte für eine Ente und ein kleines Zelt. Beides hatte ich mir bereits besorgt.
Mein Arbeitskollege Uwe war gerade mit seiner Frau aus Indien zurückgekehrt und erzählte begeistert von seinen Erlebnissen unterwegs. Zu seinem 28. Geburtstag lud er mich ein mit den Worten: "Ich muss Dich da mal mit einem tollen Typen bekannt machen, den wir unterwegs kennen gelernt haben".
Um es vorweg zu nehmen: Es stimmte. 30 (!) Jahre später haben wir geheiratet. Uwe’s Party damals, am 30. April 1976, war ein voller Erfolg.
Alle Gäste, bis auf einen blonden jungen Mann, der Orangensaft trank, waren schon recht angeheitert. Für mich, als überzeugte Antialkoholikerin (hat sich später etwas gelegt) der Grund, mich mit Herbert näher zu unterhalten.
Und was stellte sich heraus – er plante gerade eine Reise von Feuerland nach Alaska – mit dem Bulli. Einige Monate später sind wir dann gemeinsam gestartet, und die verkaufte Ente gab noch etwas zusätzliches Budget.
Als wir später mal über unser Kennenlernen sprachen und ich lobend von seinem O-Saft sprach, hat er nur gegrinst und gemeint: "Da hättest Du mich mal vor meiner Gelbsucht kennen lernen sollen…".
Unendlich vieles haben wir gemeinsam gesehen und erlebt. Der inzwischen etwas betagte, aber treue Bulli wurde von Herbert mit viel Sachkenntnis und Geduld am laufen gehalten.
Wir haben Feuerland gesehen, Argentiniens weite Pampa, die gewaltigen Pässe der Anden geschafft, Brasiliens riesige Urwälder und die Tierwelt der Galapagos erlebt. Wir sahen grandiose Ruinenstädte in Mexiko und Guatemala, und ich erlebte die bittersten Stunden der ganzen Reise, als Herbert in der Einsamkeit El Salvadors von einer Schlange gebissen wurde.
Wir haben Alaska erreicht und am damaligen Endpunkt der Panamericana, der "Traumstraße der Welt" die ganze Nacht gefeiert! Unseren tapferen Bulli mussten wir schweren Herzens in New York verkaufen und mit dem Geld Tickets für den Rückflug erwerben.
Dann hieß es erstmal wieder ins Berufsleben einsteigen, denn natürlich wollten wir kein Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen. Damals war es möglich, schnell wieder in unseren technischen Berufen Fuß zu fassen und den Abstand zur inzwischen weiterentwickelten Technik durch intensive Abendschulung aufzuholen.
Inzwischen haben wir wieder einen Hochraumbulli, einen VW-Syncro, wieder selbst ausgebaut.
Etliche Länder haben wir mit ihm schon bereist und auf Island konnte er mehrfach seine Geländefreundlichkeit beweisen. Ein tolles Auto!
Mit freundlicher Genehmigung der "Neuen Westfälischen", Bielefeld