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Bulli-Jagd Teil 1

Ein VW-Bulli-Redakteur ohne Bulli? Das kann ja wohl nicht angehen. Also machte sich das VW-Bulli-Team auf die Suche. Gerhard Mauerer und Felix Bauer wurden schließlich fündig. Wie Gerhard zum neuen Bulli kam, lesen Sie hier.

 ©Gerhard Mauerer

Dann kam das Abitur, alle möglichen eigenen Autos - alte Autos, jedes mit unvergesslichen Erinnerungen verbunden, die hier aber zu weit führen würden. Weißer Mercedes 200 W123, Baujahr 1981, übernommen von den Eltern, bald darauf altersschwach verschrottet. Goldener VW Polo, Baujahr 1983, übernommen von der Oma, verkauft, als ich für eine Weile ins Ausland ging. Orange-farbener Opel Kadett C, Baujahr 1974, mit Drei-Gang-Automatik, verkauft nach Motorschaden. Weißer VW Passat Diesel, Baujahr 1984, treuer Begleiter, sensationell geringer Verbrauch, verkauft an oben genannten besten Freund. Blauer BMW 728, Baujahr 1985, keine Ahnung mehr, was aus dem eigentlich wurde. Froschgrüner Audi 100, Baujahr 1974, von der bayerischen Polizei von der Straße weg bei einer "allgemeinen Verkehrskontrolle" wegen Verkehrsuntauglichkeit beschlagnahmt.

 ©Gerhard Mauerer

17 Jahre war es her, dass ich zuletzt in einem "echten" Bulli saß, mit einem echten meine ich heckgetrieben. Es war damals ein weißer T3, die Familienkutsche des Vaters meines alten Freundes Hannes.

Hintere Sitzbank rechts, das war mein Platz. Im Radio lief immer "B5 aktuell", der Nachrichtensender des Bayerischen Rundfunks.

Jahrelang brachte uns der Herr Nowak in der kalten Jahreszeit im Bulli zur Schule. Wenn es warm wurde, fuhren wir die gut fünf Kilometer nach Regensburg mit dem Rad.

 ©Gerhard Mauerer

Und dann schließlich die schwarz-weiße Citroen DS, Baujahr 1973, für teures Geld gekauft, für noch mehr D-Mark immer wieder hergerichtet. Sie war mein Traum und wurde zu meinem Albtraum. Sie heilte mich dann für eine lange Zeit, ließ mich "vernünftig" werden, brachte mich dazu, keine schönen alten Autos mehr zu kaufen. VW Golf III, Volvo V70, Volvo V50, Seat Ibiza und Skoda Octavia waren die vernünftige und ehrlicherweise zeit- und geldsparende Folge.

 ©Gerhard Mauerer

Doch wahre Liebe erlischt nicht, sie glimmt irgendwo im Herzen immer weiter. Seit Dezember 2010 betreue ich nun www.VW-Bulli.de redaktionell, befasse mich also täglich mit allem möglichen rund um alle Bulli-Baureihen. Ich nahm die mir schon immer so lieben Fahrzeuge wieder bewusster wahr, hatte die Gelegenheit, schöne Bullis in gutem Zustand auf der Oldtimer-Messe Techno Classica aus nächster Nähe zu begutachten. Und keine zwei Straßen weiter, dort wo ich fast täglich mit den Hunden spazieren gehe, steht ein grüner T2-Camperausbau, den ich immer sehnsüchtig betrachtete.

 ©Gerhard Mauerer

Kurz und gut, die Lust auf einen eigenen Bulli wuchs. Unbewusst zunächst, ich nahm sie kaum wahr. Und: Ich brauchte auch wirklich kein weiteres Auto. Meine Freundin, ich und unser kleiner Zoo (zwei Hunde, zwei Katzen und ein Hamster) waren mit zwei relativ neuen und praktischen Fahrzeugen ohnehin fast überversorgt. Aber was, bitte, heißt schon brauchen? Was heißt schon brauchen...

Ich weiß nicht mehr, warum ich mich überhaupt vor einigen Wochen auf den Webseiten der Autobörsen herumtrieb. Warum ich T3 im Umkreis von 200 Kilometern eingab. Ich weiß nur noch, dass die meisten Resultate ziemlich traurig und ernüchternd waren - Club Joker mit 240.000 Kilometern, verrostet, ohne TÜV, dennoch nicht billig; Westfalia-Camper mit 310.000 Kilometern, verrostet, ohne TÜV, dennoch nicht billig; und so weiter. Da konnten die Bullis nichts dafür. Sie wurden von ihren Besitzern ja nur ausgiebig dafür hergenommen, wofür sie gebaut wurden.

 ©Gerhard Mauerer

Wären noch weitere fünf oder sechs solcher Busse als Suchresultate gekommen, meine Vernunft hätte sich bestätigt gesehen, und das gerade aufkeimende Thema "eigener Bulli" hätte ich schnell wieder ad acta gelegt. Ich hätte mir wohl gedacht: "Na ja, siehst du, gut erhaltene T3 gibt es halt kaum. Und du bist zum Glück mittlerweile schlau genug, dir nicht nochmal nur aus nostalgischen Gründen ein zwar schönes, aber schrottiges Auto zu holen. Sei froh, dass du nichts gefunden hast."

Doch so kam es nicht. Der nächste Treffer ließ mich aufmerken. Schon allein optisch war der T3, den ich nun sah, Welten von den vorigen entfernt. Eine rot-weiße T3 Caravelle Turbo-Diesel, Baujahr 1989, nur 64.000 Kilometer gelaufen, kein sichtbarer Rost, als Vorführwagen hohlraumkonserviert, viel Zeit in Garagen verbracht. Keine Beulen, keine Kratzer, Sitze nicht verschlissen und und und. Hoppla, das könnte interessant sein für mich.

 ©Gerhard Mauerer

Plötzlich war die Lust wieder da, diese Lust, die ich gut zehn Jahre verdrängt hatte, die Lust, wieder ein schönes altes Auto und endlich einen Bulli zu haben, die Lust, so einen erst einmal zu finden, loszufahren, anzuschauen, probezufahren und dann vielleicht sogar zu kaufen. Und mal ehrlich: Man kann ja wohl kaum mit einem Skoda Octavia für VW-Bulli.de auf Bulli-Treffen fahren, oder?

Doch ich bin keine 20 oder 25 mehr, wie damals, als ich mich als Student vom französischen DS-Verkäufer schön über den Tisch ziehen ließ. Also langsam und in aller Ruhe. Ich sah mir die Anzeige noch mehrmals genau an, las sie mir durch, begutachtete die Fotos, "merkte" mir das Fahrzeug, schickte den Link an meinen Freund, Kollegen und VW-Bulli.de-Schöpfer Felix Bauer und an den T3-Experten Christoph Boltze. Die Antworten ließen nicht lange auf sich warten. Und sie gaben letztendlich mit den Ausschlag, dass ich mich dazu entschied, den Wagen auf jeden Fall einmal anschauen zu fahren. Christoph meinte zuversichtlich und im Brustton der Überzeugung, es sei ein guter Kauf, wenn der Bulli tatsächlich rostfrei und in dem beschriebenen Zustand wäre, sei das sicher kein schlechter Kauf.

 ©Gerhard Mauerer

Das wollte näher überprüft werden. Ausgerüstet mit der hervorragenden Kaufberatungs-Checkliste für T3 von Fivebanger fuhr ich zwei Tage später also zu T.K. Mobile, 30 Kilometer nördlich von Bremen, auf dem flachen Land weitab vom Schuss gelegen. Auf dem Hof standen gut 20 Autos, alles Youngtimer, nur "meinen" Bulli, den sah ich nicht.

Händler Thomas Küpper hatte ihn nämlich in der Garage stehen - ein gutes Zeichen, fand ich. Er fuhr ihn ans Tageslicht und ließ mich in Ruhe den Wagen begutachten. Wie beschrieben, kein Rost, keine mir auffallenden Mängel, bis auf die Blinker vorne alles original.

Ehrlich gesagt, meine persönliche Entscheidung fiel schon in dieser Stunde, als ich den Wagen zum ersten Mal sah, schon vor der Probefahrt: Wenn er den TÜV ohne Probleme bekommt - der Bulli war fast zwei Jahre lang abgemeldet - und wenn auch ein Experte ihn für gut befindet, dann kauf ich ihn.

 ©Gerhard Mauerer

Von Küpper erfuhr ich ein wenig über die Geschichte des Wagens. Gekauft hatte ihn 1990 ein Rentner als Vorführwagen. Er ließ ihn hohlraumversiegeln, pflegte ihn akribisch, meist stand er in der Garage. Als der Mann aus Münster 2008 starb, erbte sein Neffe den Bulli. Der, so erzählte Küpper, konnte mit dem T3 wenig anfangen. Der Neffe war mehr der Sportwagen-Typ und verkaufte den Bulli dann 2009 an Küpper.

Nun hieß es Leute finden, die sich auskennen, und die bereit sind, für mich den Weg auf sich zu nehmen und den Bulli fachmännisch zu begutachten.

Es fanden sich Felix Bauer und Igor, ein Bekannter von Felix, der in einer Hamburger Werkstatt arbeitet, die auf Restaurierung älterer Fahrzeuge spezialisiert ist und in der Igor erst kürzlich einen T3 auseinandergenommen und komplett restauriert hatte. Die beiden reisten aus Hamburg an.

 ©Gerhard Mauerer

Igor nahm sich den Bulli äußerst kritisch vor. Das sollte mir recht sein, denn von seinem Urteil würde ich meine Entscheidung abhängig machen. Schon nach wenigen Minuten, als Verkäufer Küpper kurz wegsah, signalisierte Igor mir verstohlen: Daumen hoch!

Noch eine kurze Probefahrt - ich fühlte mich richtig gut dabei - und wir machten den Deal. Ich kaufte meinen ersten Bulli. TÜV und AU ließ Küpper zwei Tage später machen, die Plaketten erhielt der Bus ohne Mängel.

Frühmorgens bei bestem Wetter setzte ich mich dann wiederum ein paar Tage später in den Zug von Oldenburg nach Bremen, dann noch eine Stunde in einen Bus, der mich wieder zu T.K. Mobile brachte. Die Formalitäten waren schnell erledigt, die Überführungskennzeichen schnell angeschraubt.

Die Sonne schien, der Frühling zeigte sich in voller Pracht, mit einem zufriedenen Lächeln fuhr ich meinen Bulli schließlich vom Hof. Das Lächeln verlor ich den ganzen Rückweg über nicht mehr. Ich wählte die Landstraßen-Variante, setzte mit der Fähre über die Weser und war einfach glücklich. Der Bulli fuhr sich sogar noch besser als erwartet und irgendwie wusste ich, dass ich dieses Mal nichts falsch gemacht hatte.

 ©Gerhard Mauerer

Nun ist er mit Saisonkennzeichen angemeldet, einen gründlichen Check in einer auf T3 spezialisierten Werkstatt bei Oldenburg hat er mit Bravour bestanden (Zitat Meister: „Da haben Sie aber wirklich ein Schätzchen bekommen. Ich habe den Jungs bei unserem Stammtisch davon erzählt und denen lief allen das Wasser im Mund zusammen.")

Sämtliche Flüssigkeiten wurden gewechselt, demnächst steht erneut eine vorbeugende Konservierung an. Und die originalen orangenen Blinker vorne will ich auch wieder anbauen. Schließlich soll mein Bus seinen tollen Zustand behalten.

Beim Fahren ist ab jetzt mein Platz nicht rechts hinten, wie zu Schulzeiten in des Herrn Nowaks T3. Nun ist mein Platz links vorne. Der Sommer steht vor der Tür, ich freue mich richtig auf die Fahrten, die mein Bulli und ich unternehmen werden. Und irgendwie spüre ich, dass diese Freude, die ich empfinde, wenn ich aus dem Fenster schaue und den rot-weißen Bulli dort stehen sehe, noch lange anhalten wird.

Noch aber gibt es einiges zu tun: Nach der Konservierung stehen ein ein Wert-Gutachten und kleinere Aus/Umbauten auf der To-Do-Liste: so denke ich über einen herausnehmbaren Küchenblock und einen Unterschrank auf dem Heckmotor nach, damit wir das Auto auch zum Schlafen nutzen können. Dabei will ich alles so halten, dass der Originalzustand jederzeit mit wenigen Handgriffen wiederherstellbar ist. Und natürlich gilt es, bald auf ein Treffen zu fahren, schließlich steht so ein Wagen ja selten gerne alleine.

Die Bulli-Jagd des VW-Bulli-Teams war mit meinem Kauf aber noch nicht zu Ende. Bald lesen Sie hier, wie ein weiteres Team-Mitglied auf den Bus kam...

von Gerhard Mauerer