Zurück

Buchtipp: Bonanzarad - das coolste Bike aller Zeiten!

Was hat das Bonanzarad mit Bullis zu tun? Nun, es gehörte ebenso wie der T2, wie Dolomiti-Eis und Western-Serien zu den 70ern und 80ern. Deshalb stellt Heiko Wacker das Buch "Die Bonanzarad-Bibel. Von Bananensattel & Sissybar bis Pornoschaltung." hier vor.

 ©Delius Klasing

Die Sissybar und die Haare lang, der Fuchsschwanz auch! Dazu dann noch Federn an der Gabel ohne Funktion, eine Pornoschaltung zwischen den Beinen und den Bananensattel unterm Teenager-Hintern: Lässiger als auf einem Bonanzarad konnte man dereinst nicht unterwegs sein. Ja, und ich gestehe es mit breitem Grinsen, ich hatte auch eins. Und auch, wenn ich seit dem Tag meiner erfolgreichen Moped-Fahrprüfung nicht mehr drauf saß, so denke ich doch noch gerne an die Zeit zurück, als mich mein „Hugo“ mobil machte.

„Was will der olle Wacker hier mit nem Buch zu nem Fahrzeug ohne Motor“, werden nun manche denken. „Wir sind hier bei VW Bulli und nicht beim Veloclub der gebeugten Rücken und der Quälfalten am Alpaufstieg!“ Ja, stimmt, Ihr habt ja recht! Und doch hat ein Buch zum Thema Bonanzarad seinen Platz auf diesen Seiten, finde ich. Denn letztlich bedient es ganz ähnliche Emotionen wie ein T2-Camper in merinoorange, ruft doch der Begriff „Bonanzarad“ nicht nur nostalgische Erinnerungen, sondern auch ein ganz spezielles Gefühl von Freiheit, Besitzerstolz und guter Laune hervor. Nö – Quälfalten haben auf dem Bananensattel keinen Platz. Denn genau wie Abba-Songs (okay, muss man nicht lieben, gehören aber zur Zeit), Prilblumen, Dolomiti-Eis, Westernserien oder der Flokati steht das Bonanzarad mit seinem ausgefallenen Design für das Lebensgefühl der bunten 1970er-Jahre. Schrill und cool eben.

Um so mehr wundert man sich, dass erst jetzt ein Werk zum Thema rauskommt. Dass es gleich ein sehr schmuckes Coffeetable-Book in passendem Retro-Layout wurde, das freut den geneigten Betrachter, während der Faktenfreak erstaunt sein wird ob der Vielzahl der fundierten Geschichten, die die Zeit des Bonanzarads wieder lebendig werden lassen!

Begonnen hat alles in Kalifornien, wo Latino-Kids ihre Bikes modifizierten, und die Firma Schwinn die sogenannten Highriser auf den Markt brachte: Bis heute ist der Begriff „Bonanzarad“ eigentlich nur in Deutschland ganz vorne, seitdem er 1970 erstmals im Neckermann-Katalog auftauchte, bei unseren Freunden in Österreich und der Schweiz (ganz lieben Gruß an dieser Stelle) spricht man wohl eher vom Highriser.

Die Macher des Buchs erzählen jedoch nicht nur von den Ursprüngen und der nur wenige Jahre langen Dauer des Hypes um Geweihlenker und Fuchsschwanz, sondern erklären auch technische Details und geben Tipps für Reparatur und Restaurierung von Bonanzarädern, wobei mehr als 160 Abbildungen im knapp 30 Euro teuren Buch für den ganz privaten Retro-Trip sorgen. Nicht vergessen werden darf zudem, dass es ohne das Bonanzarad weder einen BMX-Kult noch die bis heute andauernde Mountain-Bike-Manie gegeben hätte.

Und wer weiß: Vielleicht verleitet das Buch ja doch den ein oder anderen dazu, in der Scheune mal zu schauen, ob das alte Vehikel nicht doch noch da und zudem rettbar ist? Ich zumindest weiß, dass mein Hugo, seinen Namen hatte ich mit Klebebuchstaben auf die Querstange am Lenker verewigt, hinter den Bergen von Autoteilen noch existiert. Vielleicht wäre das ja mal ein etwas anderes Winterprojekt? Und auf dem Heckträger am coolen T2-Bulli macht sich ein cooles Bike ja auch ganz gut …

Jörg Maltzan, Martin Langhorst, Alexander Ziegler: Die Bonanzarad-Bibel. Von Bananensattel & Sissybar bis Pornoschaltung. Verlag Delius Klasing Bielefeld 2020, 178 Seiten, 166 Fotos und Abbildungen, gebunden, Format: 21,8 cm x 24,8 cm, ISBN: 978-3-667-11840-0, 29,90 Euro.

Heiko P. Wacker