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Was tun, wenn ein Bußgeldbescheid aus dem Ausland kommt

Der Urlaub kann noch so schön gewesen sein - die Freude ist schnell getrübt, wenn nach dem Autourlaub im Ausland ein Bußgeldbescheid in der Post liegt. Das sollte man im Fall der Fälle dann tun.

 ©dpp-AR

Alle Jahre wieder stellt sich für viele Urlauber die Frage, was ist zu tun, wenn ein Bußgeldbescheid aus dem Ausland im Briefkasten liegt? Eine Geschwindigkeitsmessung auf Straßen im Ausland oder ein Zettel, der am Urlaubsort hinter dem Scheibenwischer klemmt, muss in Deutschland nicht folgenlos bleiben, mahnt der Automobilclub von Deutschland. Seit einigen Jahren können Bußgelder auch im Heimatland des Betroffenen vollstreckt werden. EU-Mitgliedstaaten haben ein entsprechendes Abkommen geschlossen, es ist in allen Mitgliedstaaten gültig.

Solche Bescheide aus EU-Staaten sind ab 70 Euro, die Verfahrenskosten eingeschlossen, gegenseitig vollstreckbar. Gut zu wissen: Als Folge des Brexit kann Großbritannien keine Bußgelder oder Strafen wegen Verkehrsübertretungen in EU-Mitgliedsländern mehr beitreiben.

In Deutschland ist für die Bearbeitung der Bescheide und die Beitreibung der Gelder das Bundesamt für Justiz (BfJ) in Bonn zuständig. Eingehende Ersuchen ausländischer Stellen sowie Bußenvollstreckungen deutscher Behörden im Ausland werden überprüft oder weitergeleitet. Anfragen aus den Niederlanden stellen immer noch einen großen Teil der Vorgänge dar. Aber auch deutsche Ämter versuchen vermehrt, Gelder beizutreiben, hauptsächlich in Polen, Holland und Rumänien.

Das Bundesamt für Justiz prüft die eingehenden Anfragen nach formalen Kriterien. Die ausländische Stelle muss einen rechtskräftigen Bescheid vorlegen. Dabei hat sie nachzuweisen, dass dem Betroffenen die wesentlichen Verfahrensdokumente in seiner Landessprache zugegangen sind und er ausreichend die Möglichkeit hatte, sich gegen den Vorwurf zu wehren. Dann wird das Ersuchen nach Feststellung der Vollständigkeit der Dokumente an den Betroffenen zur Stellungnahme oder Bezahlung weitergeleitet. Der AvD rät, in jedem Fall auf die Vorhaltung zu reagieren, denn nur so bleiben rechtlichen Möglichkeiten offen. Eine wichtige Frage, die zu klären ist, ob man selbst zum Zeitpunkt des Vorwurfs am Steuer des Fahrzeuges saß. War das nicht der Fall, kann das gegenüber dem Bundesamt eingewandt werden. Ein weiterer Grund, die Zahlungsaufforderung zurückzuweisen, kann eine ungenügende Beteiligung im Verfahren vor Ort sein.

Der AvD weist darauf hin, dass das Verfahren im Ausland abgeschlossen sein muss, ehe es vollstreckt werden darf. Lediglich für die Vollstreckung ist das BfJ zuständig und nicht für die vorher im Ausland durchgeführten (und abgeschlossenen) Bußgeldverfahren.

Ein Autofahrer sollte auf die vorher zugegangenen direkten Vorhaltungen aus dem Ausland antworten. Vermehrt geben Behörden anderer Länder die Möglichkeit, Unterlagen auf entsprechenden Homepages per Codenummer in der Sprache des Betroffenen einzusehen. So wird dies beispielsweise in Italien, Frankreich oder den Niederlanden gehandhabt. Auf jeden Fall sollten alle aus dem Ausland eingegangenen Schriftstücke aufbewahrt werden. Und Obacht: Ausschließlich Behörden dürfen sich auf eine EU-Bußgeldvollstreckung berufen können, private Unternehmen nicht. Allerdings versuchen vor allem Inkassounternehmen, Park- und Mautgebühren sowie Bußen aus nicht gezahlten Umweltzonen-Tarifen einzutreiben, weiß der Automobilclub. Mahnschreiben von Firmen wie NIVI oder European Parking Collection sowie beauftragten Anwälten sollten nicht mit einer Zahlung beantwortet werden. Anwaltliche Beratung nach solchen Aufforderungen ist aber sinnvoll.

Der AvD weist außerdem daraufhin, dass Verkehrsübertretungen im Ausland nur nach Maßgabe des erwähnten EU-Übereinkommens vollstreckt werden können. Es bezieht sich allein auf Bußen und Strafen. Deshalb zieht ein im Ausland verhängtes Fahrverbot oder ein Fahrerlaubnisentzug keinen Eintrag im Flensburger Register in Deutschland nach sich. Aber aufgepasst: Ein „Freibrief“ für verkehrswidriges Verhalten ist das nicht. So hatte das OLG Stuttgart vor einigen Jahren eine in der Schweiz wegen erheblicher Geschwindigkeitsübertretung verhängte Gefängnisstrafe gegen einen deutschen Autofahrer für vollstreckbar erklärt. Trotz erheblicher Unterschiede bei den anwendbaren Strafen in den beiden Ländern sei ein Vollzug der Haft möglich. Eine Unverhältnismäßigkeit der Vollstreckungshilfe für die Schweiz läge nicht vor und sei deshalb auf den deutschen Betroffenen anwendbar (OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.04.2018, Az. 1 Ws 23/18).

aum