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Einseitiges Verbot von Verbrennern widerspricht EU-Recht

Immer mehr Länder preschen mit Daten vor, zu denen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor nicht mehr zugelassen werden sollen. Doch geht das rechtlich überhaupt?

 ©gem

Das Rennen ist eröffnet und jeder versucht, der Erste zu sein. Wenn es um das Verbot des Verbrennungsmotors geht, kann es einigen Zeitgenossen gar nicht schnell genug gehen. Doch bevor die nationalen Regierungen ihre Ankündigungen wahr machen, lohnt ein Blick nach Brüssel. Denn die rechtlichen Grundlagen für einen derart massiven Eingriff in das Zulassungsrecht liegen in den europäischen Vorschriften.

Die Regelung für die Zulassung von Fahrzeugen in der Europäischen Union wurde zuletzt zum 1. September 2020 (EU 858/2018) aktualisiert. Damit, so ein Rechtsgutachten der Berliner Rechtsanwaltkanzlei Becker Büttner Held, „schafft die Verordnung ein unionsweites Genehmigungsverfahren zur Verwirklichung des Binnenmarktes, wozu vor allem eine Harmonisierung und Spezifikation der technischen Anforderungen an Pkw und leichte Nutzfahrzeuge und die Anerkennung einer erteilten EU-Typengenehmigung gehören“. Das Gutachten erstellte die Kanzlei im Auftrag der Berliner Stiftung Klimaneutralität. Danach darf einem Fahrzeug, das diese europäischen Bestimmungen erfüllt, in keinem EU-Staat die Zulassung verweigert werden.

„Die Verordnung EU 858/2018“, so das Gutachten, „und die damit verbundenen Rechtsakte werden daher so verstanden werden müssen, dass sie einem nationalen Verbrennerverbot entgegenstehen.“ Schließlich ist es das Ziel der EU, dass Fahrzeuge, die in einem Mitgliedsland zugelassen sind, in allen anderen Mitgliedsländern angeboten und verkauft werden dürfen. Bei einem Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren in einzelnen Mitgliedsstaaten, wie aktuell in Deutschland geplant, würde die „EU-Typengenehmigung für Fahrzeuge nicht mehr anerkannt“. Ein Verbot von Fahrzeugen mit konventionellen Antrieben müsste daher so gestaltet sein, dass der Binnenmarkt nicht beeinträchtigt wird. „Doch das scheint nicht möglich zu sein“, erklären die Gutachter. Auch die nationalen Anstrengungen, den Umweltschutz zu stärken, reichen aus ihrer Sicht nicht aus, um ein generelles Verbot von Verbrennungsmotoren einseitig zu erlassen, denn „Umweltschutz sowie das Erreichen der internationalen Klimaziele sind keine spezifisch Deutschland betreffenden Probleme“.

Ein Verbot von Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselmotor müsste, so das Gutachten, „auf europäischer Ebene angestrengt werden, etwa durch Einführung einer neuen EU-Norm“. Außerdem muss eine verstärkte Schutzmaßnahme auch mit den existierenden Verträgen vereinbar sein. Tatsächlich würde ein einseitig in Deutschland verhängtes Verbot klasssischer Fahrzeugantriebe den Binnenmarkt aushebeln und ein Hindernis für den Marktzugang darstellen. Ein Verbot würde schließlich nichts anderes bedeuten, dass ein Fahrzeug zwar nach Deutschland eingeführt und verkauft werden dürfte, hier aber keine Zulassung erhalten würde und so nicht genutzt werden könnte. „Faktisch“, so die Juristen in ihrem Gutachten, „würde ein Verbrennerverbot den freien Handel im Binnenmarkt beschränken.“ Und: „Es könnte sogar argumentiert werden, dass dies mittelbar einem Verkaufsverbot gleichkommt, da die überwiegende Anzahl der in Deutschland verkauften Kraftfahrzeuge wohl auch in Deutschland für den Straßenverkehr zugelassen werden wird.“

Am Ende müsste wahrscheinlich über ein einseitiges deutsches Verbrennerverbot der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entscheiden. Und dort hat der Binnenmarkt einen sehr hohen Stellenwert.

ampnet/ww